Chronik

Die Geschichte des Brandschutzes in Walldorf vor Gründung einer Feuerwehr.
Hier einige dieser Vermerke im Originaltext, die uns freundlicherweise von der Arbeitsgemeinschaft für Walldorfer Geschichte und Genealogie zur Verfügung gestellt wurden:

Verhältnismäßig früh baute die kleine Gemeinde Walldorf ihren Feuerschutz auf. Die einfache Holzbauweise der Waldensersiedlung zwang sie wohl dazu, Löschgeräte anzuschaffen, wenn es auch nur in der einfachsten Form von Ledereimern, Einreißhaken und Leitern war.

1859

An einem der ersten Sonntage des Monats August hat auf der Hasslocher und Flörsheimer Bruchwiese ein Wiesenbrand stattgefunden, welcher wahrscheinlich durch Unvorsichtigkeit entstand. Es brannte von unten herauf, wo unter den Wiesen Torfgrund ist. Das Feuer verbreitete sich rasch und weit und konnte nur durch Gräben vor dem nahen Rüsselsheimer Wald abgehalten werden, es verlosch nach 8 bis 10 Tagen bis es an die Gräben gedrungen war. Der Schaden ist groß, denn es sind 83 bis 84 Morgen abgebrannt, doch haben die Walldorfer, welche dort Wiesen besitzen, einen geringen Schaden gegen andere Gemeinden.

1865

Während des Jahres hatten wir 2mal Feueralarm, der erste war in der Nacht vom 28. auf den 29. März, der zweite in der Nacht vom 25. auf den 26. November. Der eine geschah um 3 Uhr morgens, der andere um 11 Uhr abends, doch wohl jener wie dieser waren eigentlich so gut wie blind.

Der letzte aber hat in unserem Dorfe und vielleicht auch in der Umgebung einen gewissen Ruf erlangt, denn der Nachtwächter selbst, der ihn zuerst gemacht, wurde als Brandstifter vor Gericht gestellt und obgleich klare Indizien gegen ihn sprachen, vom Bezirks-Strafgericht in Darmstadt freigesprochen.

Die hiesige Volksstimme war gegen diese Freisprechung, namentlich der Angeklagte in schlechtem Ruf steht und der durch sein Vorgehen, sein Renommee als Nachtwächter insofern verbessern wollte, als er zuerst „Feuer“ schrie, worauf man auf seine Wachsamkeit schließen sollte.

1869

Von einzelnen Ereignissen wüsste ich sonst keins mehr zu verzeichnen, als etwa einen Feuerlärm, der in der Nacht vom letzten Oktober zum 1. November gemacht wurde. Da brannte ein Heuschober und man vermutete seine Ansteckung. Der Täter ist bis jetzt noch nicht ermittelt.

1870

Am Nachmittag des 15. Juni entstand im Frankfurter Wald, eine gute Stunde von hier, an der großherzoglichen Grenze am so genannten Vierherrenstein, zum Revier Niederschweinstiege gehörig, ein Waldbrand. Die hiesige Gemeinde stellte jedenfalls das stärkste Kontingent der Hilfsmannschaft, cirka 70 Mann, aber auch von Niederrad, Kelsterbach und Schwanheim, welche letztere Orte auch ihre Wälder bedroht sahen, viele Hilfe, und es wurde durch Gräbeschlagen der weiteren Ausbreiten des Feuers, welches bereits ein Terrain von 300 Morgen ergriffen hatte, um 4 ½ Einhalt geboten. Die Hilfsmannschaften wurden nach getaner Arbeit auf Kosten der Stadt Frankfurt mit einem Fässchen Bier und Apfelwein bewirtet. Das Feuer hatte das junge, niedrig stehende Holz fast ganz vernichtet und auch die stärkeren Bäume größtenteils beschädigt. Der Schade wird auf 40.000 Gulden veranschlagt.

Am Nachmittag des 18. Juni entstand am Forsthaus Mitteldick, eine Stunde von hier wieder ein Waldbrand, dem aber durch Waldarbeiter, die in der Nähe beschäftigt waren, bald Einhalt geboten wurde, so dass nur ein Terrain von 40 Morgen beschädigt wurde. Die rasche Weiterverbreitung der Brände liegt in der anhaltenden Trockenheit, ihr Entstehung ist bis jetzt noch ungewiss, man vermutet Entzündung durch Unvorsichtigkeit beim ersten Brand, böswillige Ansteckung beim zweiten, und zwar beide Male durch Handwerksburschen.

1884

Zur Einweihung des neu erbauten Schulhauses in der Ludwigstraße am 6. Juli 1884 wird erstmals im Kreiswochenblatt die Freiwillige Feuerwehr von Walldorf genannt.
Nach unseren mündlichen Überlieferungen, Gründungsprotokolle oder dergleichen sind leider nicht vorhanden, wurde die Freiwillige Feuerwehr Walldorf um die Jahreswende 1884/85 von den nachfolgend aufgeführten Kameraden gegründet: Philipp May, Jakob Becker, Fritz Reviol, Wilhelm Jourdan und Jakob Reviol.

Der erste Kommandant war Peter Emmel. Ihm folgten (in Reihenfolge) bis heute: Jakob Jourdan, Georg Cezanne 4., Philipp Reviol, Wilhelm Pons, Lorenz Pons, Georg Suttner, Heinz Münker, Reiner Filusch, Werner Lenz, Jens Filusch und Jörg Bormann.

Man behalf sich vorerst bis 1892 mit den alten Löschgeräten. Danach bekam die Feuerwehr eine Druckspritze mit Handzug, das Wasser musste erst mit Eimern in die Saugbehälter geschüttet werden.

1890

Zum Festzug, anlässlich der 200jährigen Einwanderung der Waldenser, am 7. September 1890 heißt es: …Alle Vereine beteiligten sich, Feuerwehr machte Anfang und Schluss, Turner gingen Spalier.

1895

Am 9 Juni (Trin.) brannten hier in der Nacht zwei zusammengebaute Scheuern ab. Man sprach von Brandstiftung. (Name und Lage nicht genannt)

1913

Am 24. Juli wurden die Scheuern von Adam Pons und August Tron, Untere Langgasse (Nr. 101 und 99) durch Blitzschlag entzündet und vollständig eingeäschert.

1918

Der erste Weltkrieg brachte die Wehr fast zum erliegen. Nach Kriegsende waren es nur noch 5 Mann, die dann später durch 6 junge Männer Zuwachs erhielten. Aber der 1. Kommandant Philipp Reviol und sein Stellvertreter H. Cezanne gaben nicht auf. Immer wieder wurde versucht junges Blut zu werben und das zuerst Unwahrscheinliche gelang. Langsam aber sicher wuchs die Zahl der Feuerwehrmänner.

1919

Am 29. Juni abends brach in der Scheune des Wagnermeisters Becker, Langgasse 73, Großfeuer aus, das auch auf den angrenzenden Schuppen des Gastwirtes A. Coutandin übergriff. Zum Glück war die Scheune fast leer, so dass man bis nachts 1 Uhr des Feuers Herr werden konnte. Ein geisteskranker Walldorfer soll das Feuer angezündet haben.

1923

auf Drängen des damaligen Kommandanten kaufte die Gemeinde eine Saug- und Druckspritze, die kurz darauf bei den Bränden im Anwesen von Karl Cezanne und in der Gaststätte „Zur Sonne“ ihre Feuertaufe erhielt.

1927

Mit dem Bau der Wasserleitung gab es auch bei der Wehr starken Auftrieb. So erhielt sie ein neues Gerätehaus und zwei neue Hydrantenwagen gesellten sich zu den bereits vorhandenen Löschgeräten. Trotz Wasserleitung und neuer Geräte zeigte sich bei dem Scheunenbrand in der Langstraße 4 (Bahn-Bäckern), dass die alten Feuerspritzen noch nicht ausgedient hatten. Da auf dem Brandobjekt der Hauptständer der Walldorfer Stromversorgung installiert war, wurde die Stromzufuhr unterbrochen und in der Folge fielen auch die Pumpen des Wasserwerkes aus.

1929

Als im Jahre 1929 der Kommandant Philipp Reviol sein Amt an Wilhelm Pons abtrat, war die Wehr wieder 23 Mann stark.

1931

Die Freiwillige Feuerwehr konnte ihre erste Fahne weihen.

1935

Das 50jährige Jubiläum wurde im Juli mit einem großen Volksfest gefeiert. Aus dem Erlös dieses Festes und einer Spende des Ehrenausschusses konnte eine mechanische Leiter von 12 Metern Höhe angeschafft werden. Man gründete eine Feuerwehrkapelle und der Spielmannszug des Turnverein trat geschlossen in die Wehr ein. Auch konnte um diese Zeit als erstes Fahrzeug ein gebrauchter sechssitziger Mannschaftswagen übernommen werden.
Der zweite Weltkrieg stellte das gesamte Feuerwehrwesen um, die Freiwilligen Feuerwehren wurden Feuerschutzpolizei. Walldorf bekam ein Löschgruppenfahrzeug mit Tragkraftspritze LF 8, das leider in den letzten Kriegstagen verloren ging. Der mörderische Krieg, vor allem die Luftangriffe auf unsere Städte, stellte die Wehr immer wieder vor schwere Aufgaben. In ungezählten Einsätzen, die sich von Offenbach bis Mannheim, von Mainz bis Darmstadt und sogar bis Wiesbaden und Bingen erstreckten, retteten die Wehrmänner in den Bombennächten für ihre Mitmenschen so manchen Besitz. In Walldorf selbst wurden auch Einsätze registriert.

1941

Im Mai 1941 fielen Brandbomben in eine Werkstatt in der Waldstraße/Ecke Kelsterbacher Straße und setzten diese in Brand.

In der Nacht vom 21. auf 22 Juli 1941 ging eine große Menge Brandbomben nieder. Ein Zimmerbrand bei der Fa. Kleemann in der Jourdanallee musste gelöscht werden. Das gegenüberliegende Holzlager der Fa. Coutandin stand in hellen Flammen. Eine Luftmine explodierte in der selben Nacht zwischen Bahn-, Feld- und Boninstraße in den Gärten. Die Wehrmänner waren tagelang im Einsatz.

Wieder drohte nach Kriegsende die Auflösung der Freiwilligen Feuerwehr. Viele Kameraden waren Opfer des Krieges geworden und auch das Tragen von Uniformen war nicht gern gesehen. Aber treue Kameradschaft ließ den drohenden Zerfall nicht zu. In mühevoller Kleinarbeit gelang es dem Kommandanten Lorenz Pons sowie den Kameraden Georg Suttner, Georg Reviol, Daniel Cezanne, Willi Reviol, Philipp Fändrich, Philipp Landau, Lorenz Hartmann, Franz Sperling und Karl Schulmeyer, in Verbindung mit einer weiteren Handvoll echter Feuerwehrkameraden Schritt für Schritt die Wehr wieder aufzubauen.

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